Wesele – Polnische Hochzeit und ihre Traditionen

Katrhin und Kacper bei ihrer kirchlichen Trauung. © Perfect View Photo & MUA Katrhin und Kacper bei ihrer kirchlichen Trauung. © Perfect View Photo & MUA
Jedes Land feiert Hochzeiten auf seine Art und Weise. Jede Kultur hat ihre eigenen Traditionen, Bräuche und Sitten. Polnische Hochzeiten sind etwas ganz Besonderes und deshalb entschieden mein Mann und ich uns, im Land unserer Familien und Vorfahren zu heiraten. Unsere Auswahl der besten polnischen Hochzeitstraditionen lest ihr im Überblick.

Im Oktober letzten Jahres versprachen wir uns in Polen die ewige Treue. Es war eine wundervolle Hochzeit, vor allem weil wir sie im Nachbarland feierten. Zahlreiche Gäste aus Deutschland und Polen waren angereist. Unser Pfarrer Krzysztof Romanowski von der Katholischen Mission Bielefeld-Paderborn traute uns. Auch er war extra aus Bielefeld angereist. Mein Herz klopft noch heute ganz wild, wenn ich an den Tag zurückdenke, beziehungsweise an das ganze Hochzeitswochenende. Polen feiern Hochzeiten in der Regel ein ganzes Wochenende. Auf dem Land sogar noch länger. Die Planung beginnt mindestens ein Jahr im Voraus und polnische Hochzeitstraditionen spielen eine wichtige Rolle.

1. Der elterliche Segen

Die erste Tradition findet im Kreise der engsten Familie statt: Das Brautpaar trifft sich mit seinen Eltern vor der Trauung, um von ihnen gesegnet zu werden. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass sie unsere Heirat gutheißen und uns ihren Segen mit auf den Weg geben.

2. Der Gang zum Altar

Mit dem elterlichen Segen geht es zur Kirche. In der Zwischenzeit sind alle Gäste in der Kirche angekommen und warten gespannt auf das Ehepaar. In Polen betritt das Brautpaar gemeinsam die Kirche und schreitet Hand in Hand zum Altar. Symbolisch steht das für den ersten Gang in die gemeinsame Zukunft.

In Polen ist übrigens die kirchliche Trauung mit der standesamtlichen Eheschließung verbunden. Es gibt ein sogenanntes Konkordat, einen Staatskirchenvertrag, der die kirchliche Trauung gleich standesamtlich gelten lässt. In Deutschland gilt das leider nicht.

3. Empfang des Brautpaars vor der Kirche

Nach dem kirchlichen Segen geht das Ehepaar gemeinsam als Mann und Frau aus der Kirche raus. Blütenblätter oder Reis rieseln auf sie herab. Es gibt den alten Brauch, dass die Gäste dem Brautpaar kleine Münzen zuwerfen während Braut und Bräutigam im Konkurrenzkampf das Geld aufsammeln. Auf Reis und Münzen haben wir verzichtet und Blütenblätter bevorzugt. Auch in Polen erfreuen sich nicht alle Traditionen gleicher Beliebtheit.

Kathrin und Kacper bei der polnischen Trauung in Polen. © Perfect View Photo & MUA
Kathrin und Kacper Ratajczak mit Pfarrer Krzysztof Romanowski bei der Trauung in der Kirche des Hl. Paulus in der polnischen Stadt Chobienice. © Perfect View Photo & MUA

 

 

 

4. Hindernisse auf der Fahrt ins Eheglück

Verliebt, verlobt und nun auch endlich verheiratet fährt das Ehepaar gemeinsam mit den Gästen zum „Hochzeitssaal“, in dem gefeiert wird. Dieser Weg ist nicht immer so einfach zu bewältigen, denn Nachbarn und Mitbewohner des Dorfes bauen Straßensperren, um das Paar nicht durchzulassen. Die frisch Vermählten sind aber bestens vorbereitet und erkaufen sich den Weg – meistens mit zahlreichen Flaschen Wodka.

5. Hochzeitsbrot, Salz, Wasser und Wodka

Am Festsaal angekommen, werden Braut und Bräutigam  von ihren Eltern mit Brot und Salz begrüßt. Die beiden Speisen symbolisieren, dass es ihnen nie an etwas mangeln soll. Nach dem Abbeißen des Hochzeitsbrotes werden dem Brautpaar zwei Gläschen angeboten. Eins ist mit Wodka, das andere mit Wasser gefüllt. Jeder wählt eins, ein Toast wird ausgesprochen, wir schlucken, die Gäste fiebern mit. Ich habe den Wodka erwischt. Das bedeutet, ich werde in unserer Ehe das Sagen haben. Klingt gut! Die Gläschen werden nach hinten geworfen, Scherben fliegen. Sehr gut – das bringt Glück!

Das frisch vermählte Brautpaar. © Perfect View Photo & MUA
Das frisch vermählte Brautpaar. © Perfect View Photo & MUA

6. Traditionelle Köstlichkeiten

Nach dem Einzug des Hochzeitspaares beginnt die üppige Hochzeitsfeier. Es werden traditionelle polnische Speisen serviert und es fließt Wein und Wodka. Die Gäste rufen regelmäßig „gorzko“ (bitter) und das Brutpaar soll sich küssen. Wir kommen der Bitte gerne nach und versüßen mit unseren Küssen die Stimmung. Dazu kommt noch „Mało, mało“ („Wenig, wenig“) und „Jeszcze, jeszcze“ („Noch mal, noch mal“). Auch der Bitte kommen wir nach.

7. Hochzeitsspiele

Um Mitternacht steht ein weiterer Höhepunkt an: oczepiny. Früher wurden der Braut die Zöpfe abgeschnitten und die Haare mit einer Haube bedeckt. Sie war nun in die Gruppe der Verheirateten aufgenommen – ein neuer Gesellschaftsstatus.

Heute sieht das selbstverständlich anders aus und ist eher ein großer Spaßfaktor. Begleitet von vielen Hochzeitsspielen, werfen Bräute ihren Schleier oder Blumenstrauß in eine Gruppe von Junggesellinnen. Diejenige, die ihn fängt, heiratet als nächste. Analog wirft der Bräutigam seine Fliege oder Krawatte in eine Gruppe von Junggesellen. Wir haben uns für eine Alternative zum Brautstraußwurf entschieden. Die Braut zieht an Bändchen, die an ihrem Brautstrauß befestigt sind und von den Frauen gehalten werden. Die Frau mit dem letzten Bändchen wird die zukünftige Braut. Danach wirft der Bräutigam seine Krawatte. Dem zukünftigen „Brautpaar“ gehört der nächste Tanz.

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Welche unverheiratete Frau bekommt den Brautstrauß? © Perfect View Photo & MUA

 

 

8. Der zweite Tag

Es gibt zahlreiche andere Bräuche und Traditionen. Diese können sich je nach Region unterscheiden. Manchmal werden Tänze mit der Braut versteigert. Oft gibt es eine Dankesrede an die Eltern. Fast immer wird bis in die Morgenstunden getanzt. Nie gibt es ein offizielles Ende. Erst wenn kein Gast mehr da ist, ist die Feier zu Ende. Am nächsten Tag geht es weiter mit dem zweiten Teil poprawiny (Nachfeier). Auch da wird gefeiert bis der letzte Gast die Party verlassen hat Wie gesagt, polnische Hochzeitsgäste haben Ausdauer!

Lest mehr über Kathrins Hochzeit und ihre Abenteuer in Polen, den USA und weltweit auf ihrem Blog www.aimingsomewhere.com und Instagram „aimingsomewhere“.