Zuhause in der Kulturhauptstadt Europas

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Ohne großes Vorwissen und Erwartungen bin ich in Breslau angekommen und wurde in jeglicher Hinsicht überwältigt. Neben dem lebendigen Stadtleben, einer spannenden Kultur und einer ausgelassenen Partywelt hat die Kulturhauptstadt 2016 viel Natur und Freizeitaktivitäten zu bieten. Ein Jahr durfte ich die Hauptstadt Niederschlesiens mein Zuhause nennen. Es war in jeglicher Hinsicht eine unvergessliche Zeit! Doch warum bin ich eigentlich in Breslau gelandet?

Alle Masterbewerbungen waren verschickt und plötzlich bekam ich die Zusage für Erasmus Mundus Global Studies an der Universität Leipzig. Der Studiengang ist eine Kooperation zwischen fünf Ländern, von denen man sich zwei aussuchen kann. Ich habe mich neben Leipzig für Wien beworben. Die Zusage kam für die Universität Breslau. Ein paar Wochen später sollte ich beginnen. Ich habe zwar Freunde mit polnischen Wurzeln, war aber selbst noch nie in dem Land und hatte bis dato auch kein besonderes Interesse an unserem Nachbarland Polen. Das hat sich aber schlagartig nach meiner Ankunft verändert.

Die Koordinatoren unseres Studienganges in Breslau hatten uns Zimmer in den Studentenwohnheimen organisiert. Für kleines Geld bekamen wir zentral gelegene Vierer-Apartments, dadurch konnte ich sehr schnell erste Kontakte knüpfen. In den ersten zwei Wochen hatten wir die Möglichkeit, an einem kostenlosen Sprachkurs Polnisch teilzunehmen. Ich spreche zwar mehrere Sprachen, aber Polnisch ist anders als alles, was ich je gelernt habe. Doch auch ohne Sprachkenntnisse war ich keinesfalls aufgeschmissen, in der Regel sprechen viele Menschen sehr gut Englisch und auch wenn nicht, wird mit Händen und Füßen erklärt. Ich war zuvor in keinem Land, in dem ich so hilfsbereite Menschen kennengelernt habe! Unter anderem konnte ich das im Alltag auf der Straße erleben, und auch im Universitätsleben hat sich das gezeigt.

Laura sitzt neben den Breslauer Zwergen. © Laura Belting
Laura sitzt neben den Breslauer Zwergen. © Laura Belting

Ich studierte an der Fakultät für Politik der Universität Breslau. Der Studiengang ist englischsprachig und mit dem Masterprogramm International Relations zusammengelegt. Meine Kommilitonen kamen aus der ganzen Welt, dementsprechend lebhaft hat sich der Unterricht gestaltet; wenn eine Deutsche mit einer Kolumbianerin und einem Japaner zusammenarbeitet, kann es zu Diskussionen kommen. Das wurde aber gekonnt von den Professoren zu konstruktiven Ergebnissen geleitet. Breslau ist eine Studentenstadt und wird von der kulturellen Vielfalt getragen.

Das spiegelt sich vor allem in der wunderschönen Altstadt wieder, die sich um den Rynek (Marktplatz) zieht. Es gibt sehr viele Cafés, Bars und Restaurants, die zu meiner Überraschung sehr stylisch sind und im Vergleich zu Deutschland nicht nur preiswerter, sondern qualitativ hochwertiger. Es gibt Burgerbars, Pizzerien, asiatische Küche, vegetarische und vegane Restaurants, hippe Cafés, wie Central Café, mit Bioprodukten, aber auch polnische Restaurants, wie Kurna Chata, die es mir angetan haben. Liebe geht durch den Magen, so ist es mir unter anderem mit pierogi (Pieroggen) ergangen.

Neben meinem Studium habe ich angefangen, in einem der zahlreichen internationalen Unternehmen zu arbeiten, denn Breslau ist unter anderem der Sitz von Google, Credit Suisse, Mc Kinsey, HP und IBM. Ich habe bei Credit Suisse im Bereich Human Resource (Personalwesen) gearbeitet. Dabei war ich im französischen und italienischen Team tätig. Diese Sprachen habe ich in meinem Bachelor studiert und ich bin Zweisprachig mit Italienisch aufgewachsen). Ab August werde ich auch wieder anfangen dort zu arbeiten.

Vor Ort zu arbeiten, hat mir die polnische Gesellschaft näher gebracht. Auch hier hat sich die Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt gezeigt. Trotz der Größe – Breslau ist Polens viertgrößte Stadt – habe ich mich dazugehörig gefühlt und wurde von meinen Arbeitskollegen einbezogen. Somit habe ich das Arbeitsklima als sehr angenehm empfunden. Ich konnte Deutsch sprechen, habe aber bevorzugt mit meinen Kollegen Polnisch gesprochen und es im Alltag verbessert.

Laura mit ihren Freunden am Heuscheuergebirge in den polnischen Mittelsudeten. © Laura Belting
Laura mit ihren Freunden am Heuscheuergebirge in den polnischen Mittelsudeten. © Laura Belting

In meiner Freizeit habe ich nicht nur Breslau, sondern auch andere Städte Polens erkundet. Ich habe in Polen viele Freizeitaktivitäten ausprobiert. Neben Skifahren, Wandern oder Klettern in den Bergen, Sommerurlaub am Meer gibt es ein großes Angebot an Surf- oder Kitekursen sowie Wakeboard-Stationen. Zudem habe ich mich in einem Boxclub angemeldet. Dort musste ich mein Polnisch dann endgültig verbessern, um den Trainer zu verstehen. Auch hier wurde ich unglaublich unterstützt und habe viele neue Freunde gefunden. Darüber hinaus gibt es viele Kinos, die Filme in der Originalsprache zeigen und vor allem im Kulturhauptstadt-Jahr bietet Breslau zahlreiche internationale und kulturelle Events.

Die Studentin liebt die Herausforderung und hat in Polen zahlreiche Sportaktivitäten ausprobiert. © Laura Belting
Die Studentin liebt die Herausforderung und hat in Polen zahlreiche Sportaktivitäten ausprobiert. © Laura Belting

Breslau ist eine unglaublich aktive Stadt und meine ganzen Erfahrungen umgeben von den Traditionen gemixt mit der Moderne hat mich sehr motiviert und inspiriert. Es ist schwer ein ganzes Jahr in einem Artikel zu beschreiben, vor allem weil ich so viel erlebt habe. Jeder, der die Möglichkeit hat, sollte Polen besser kennenlernen und eine Zeit lang dort bleiben, sei es durch Erasmus, ein komplettes Studium oder ein Praktikum. Dafür kann ich Breslau nur empfehlen!

Ich habe von September 2014 bis Oktober 2015 in Breslau gelebt und bin dann doch noch nach Wien gezogen, wo ich bis April 2016 gewohnt habe. Von Mai bis Juli war ich auf den Philippinen, um Feldforschung zu betreiben. Seit August bin ich wieder in Breslau,um meine Masterarbeit hier zu schreiben. Ich fühle mich hier Zuhause! Besucht mich doch mal!

Do zobaczenia we Wrocławiu!

Laura


 „Post aus …“

In der Rubrik „Post aus …“ berichten junge Deutsche und Polen von ihren Erlebnissen im Nachbarland. Sie schreiben über Erfahrungen. Gleichzeitig vergleichen sie Deutschland und Polen und beschreiben Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Nachbarländer.

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