Post aus aller Welt

Izabella bei ihrem Thailand-Urlaub im Jahr 2014. © Izabella Meczykowski Izabella bei ihrem Thailand-Urlaub im Jahr 2014. © Izabella Meczykowski

In Polen daheim, in der Welt zu Hause

Izabella bei ihrem Thailand-Urlaub im Jahr 2014. © Izabella Meczykowski
Izabella bei ihrem Thailand-Urlaub im Jahr 2014. © Izabella Meczykowski

Ich trinke Wodka pur. An Heiligabend esse ich Fisch. Mein Nachname wird in Deutschland grundsätzlich IMMER falsch und mit kläglicher Miene ausgesprochen. Mein Vater hält „Pilze sammeln“ für eine Sportart und meine Mutter verbringt die Hälfte der Sommerzeit damit Gurken einzulegen. Und ach ja: mir dreht sich der Magen bei dem Begriff „Disco Polo“ um, eine polnische Musikrichtung, die auch als Form des Euro-Dance bezeichnet wird, – einfach grausam!

Meine Familie stammt aus Polen, doch ich bin in Deutschland aufgewachsen. Zweisprachig – etwas anderes hätte meine Mutter kaum zugelassen. Und ich bin mir sicher: Etwas besseres konnte mir kaum passieren! Man könnte meinen, Jugendliche mit Migrationshintergund hätten es in Deutschland schwerer und schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Von mir kann ich sagen, dass ich Weltbürgerin bin und einen Traumjob in der Tasche habe.

Polak potrafi!“

Den Spruch „Ein Pole kann es einfach!“ hat mir meine Mutter von klein auf eingebläut. Er beschreibt die Einstellung zahlreicher Polen, dass sie sich in jeder Situation zu helfen wissen. Eine Nation der Überlebenskünstler. Auch ich sah mich im „reifen“ Alter von vier Jahren fähig, meine erste Weltreise zu unternehmen. Damals beschränkte sich meine Welt zwar nur auf die nächste Nachbarschaft, dennoch war meine Mutter alles andere als erfreut über meinen ganztägigen Ausflug. Als mich ein Polizeiauto vor unserem Wohngebäude empfing, sah ich mich gezwungen, dem netten Herrn in der Polizeiuniform zu erklären, was mich dazu bewogen hatte, wegzulaufen. Ja, ganz eindeutig stand schon damals eine Weltreise auf meiner To-do-Liste!

In Polen zuhause: Das Nationalstadion in Warschau erinnert Izabella an ihre zweites Zuhause. © Izabella Meczykowski
In Polen zuhause: Das Nationalstadion in Warschau erinnert Izabella an ihre zweites Zuhause. © Izabella Meczykowski

Mehrsprachigkeit und Internationalität

Polnisch und Deutsch zähle ich zu meinen Muttersprachen. Bilingual aufzuwachsen, habe ich für meine sprachliche Entwicklung schon immer als ausschlaggebenden Vorteil empfunden. Ich bin in Deutschland zur Schule gegangen und in einem deutschen Umfeld groß geworden. Zuhause wurde dagegen Polnisch gesprochen. Vier weitere Sprachen haben sich dazugesellt. Dabei war der Französisch-Leistungskurs erst der Anfang. Englisch und Französisch lernte ich während der Schulzeit. Im Rahmen des Bachelors und Masters in International Business Studies an der Universität Paderborn kamen Spanisch und Italienisch dazu. Zurzeit lerne ich Russisch.

Polnische Wurzeln und Leben in Deutschland

In den Schulferien ging es nach Warschau, die Heimatstadt meiner Mutter, oder an die polnische Ostsee. Während dieser Zeit lernte ich nicht nur Kultur und Geschichte des Landes kennen, sondern mir wurde vielmehr bewusst, dass dieses Land ganz andere Sitten und Bräuche hegte als jenes, in dem ich aufwuchs. Diese Erkenntnis verhalf mir vor allem dazu, mich zukünftig tolerant und offen gegenüber allen Kulturen und Menschen zu verhalten und andere Meinungen zu respektieren. Denn als „Migrantenkind“ – und das ist ganz wichtig – prägte mich nicht nur der Bilingualismus, sondern vor allen Dingen meine bikulturelle Identität. Ich war immer stolz auf meine Wurzeln, würde meine Kindheit in Deutschland jedoch gegen nichts eintauschen wollen. Neben dem Vorteil der Mehrsprachigkeit, verdanke ich dem Leben in Deutschland außerdem, dass es mir aufgrund der Multikulturalität des Landes nie schwergefallen ist, mich in anderen Kulturen zuhause zu fühlen. Und ob ich mich heute als Polin oder als Deutsche bezeichne, ist unwichtig. Denn irgendwie bin ich beides.

Weltmetropole Moskau: Izabellas letzte Reise im Jahr 2015. © Izabella Meczykowski
Weltmetropole Moskau: Izabellas letzte Reise im Jahr 2015. © Izabella Meczykowski

Reisen: Einmal um die Welt

Dank meines polnischen Hintergrundes habe ich schon sehr früh die Liebe zum Reisen entdeckt. Und damit meine ich nicht meine Pseudo-Weltreise als Vierjährige. Aufgrund meiner Wurzeln hatte ich schon früh das Bedürfnis, das Heimatland meiner Familie zu erkunden. Daher began das Reisen für mich mit kleinen und großen Road-Trips und Ausflügen durch Polen. Dabei besuchte ich die großen Metropolen und schönen Regionen: Warschau, Krakau, Posen, Danzig, Breslau, Masuren, Zoppot, und viele weitere. Die Neugier auf das Neue, Fremde und Unbekannte konnte ich nur stillen, indem ich weitere Reisen unternahm. Nach einem Schüleraustausch in Italien, zwei Jahren Auslandsstudium in Argentinien und Mexiko, unzähligen Rucksackreisen durch Amerika, Asien und Europa, einem international ausgerichteten Studium, und einer immer wachsenden Faszination für fremde Kulturen und Sitten, habe ich mich verändert. Ich beschreibe mich nicht mehr nur als Deutsch-Polin, sondern als Kosmopolitin. Ich bin ungebunden, unabhängig und frei. Eine Weltbürgerin.

 

 

 

Meer-Liebhaberin: Mit dem Rucksack in Südostasien war Izabella Oktober-Dezember 2014. © Izabella Meczykowski
Meer-Liebhaberin: Mit dem Rucksack in Südostasien war Izabella Oktober-Dezember 2014. © Izabella Meczykowski

Neuer Job, neue Herausforderung!

Ab Ende Januar beginne ich meinen neuen Job bei einem jungen Startup-Unternehmen aus Berlin. Für ein Online-Portal, genau genommen ein Strandsuch-Portal, werde ich um die Welt reisen. Dabei bewerte ich Strände, schreibe Artikel, knipse Fotos und drehe Videos. Vor einigen Wochen habe ich, u. a. dank meiner Sprachkenntnisse, den Traumjob als „Senior Beach-Inspector“, also Strandtesterin und Gesicht des Unternehmens, ergattert und mich somit gegen mehr als 1.000 Konkurrenten durchgesetzt. Pluspunkte sammelte ich sicherlich auf der gemeinsamen Hinfahrt zum Finale von Berlin an die Ostsee nach Pelzerhaken: Als bekannt wurde, dass der Busfahrer Pole ist und ich die Einzige der Teilnehmer war, die sich mit ihm verständigen konnte – ohne dabei die Hände und Füße zu benutzen. Überlebenskünstler-Gen sei Dank. Dass ich in diesem Bus einen großen Beitrag zur deutsch-polnischen Verständigung leistete, muss ich an dieser Stelle wohl nicht explizit erwähnen. Mit großer Freude über den Sieg darf ich nun von Beruf aus um die Welt reisen und auf meinem eigenen Video-Blog von den schönsten Stränden dieser Welt berichten. Besser geht’s doch gar nicht!

Ein Herz für zwei Länder

Meine deutsch-polnische Herkunft hat einen großen Beitrag dazu geleistet, das ich diese Person heute bin. Dafür bin ich sehr dankbar. Und wer weiß, vielleicht berichte ich demnächst auf meinem Blog von dem einen oder anderen von Dünen und Kiefernwald gesäumten Strand der polnischen Ostsee und fange an mit einer traditionellen „Zapiekanka“ (käseüberbackenes Baguette) in der Hand in Kindheitserinnerungen zu schwelgen…

Do zobaczenia wkrótce na moim blogu!

Izabella

Izabellas Berichte von den Traumstränden dieser Welt findet ihr auf ihrem Blog.


 „Post aus …“

In der Rubrik „Post aus …“ berichten deutsche Studierende, Praktikanten und Freiwillige von ihren deutsch-polnischen Erlebnisse. Sie schreiben über Erfahrungen und Eindrücken. Gleichzeitig vergleichen sie Deutschland und Polen und beschreiben Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Nachbarländer.

Erzähl uns Deine deutsch-polnische Geschichte!

Hast auch Du ein Semester, Jahr oder einen Urlaub in Polen verbracht und möchtest anderen jungen Erwachsenen davon berichten, dann schreib uns. Wir freuen uns über Deine Nachricht an grenzenlos@polen-pl.eu.