Sprachurlaub in Krakau

Der Hauptmarkt mit der Marienkirche in Krakau. © Tim Döke Der Hauptmarkt mit der Marienkirche in Krakau. © Tim Döke

Neben Spanien, Italien und Frankreich ist Polen ein interessantes Ziel für einen Sprachurlaub. Was viele nicht wissen: Unser Nachbarland bietet zahlreiche Möglichkeiten zum Erlernen der Landessprache. Im Juli letzten Jahres bin ich für einen Sprachkurs nach Krakau gereist und habe nicht nur gelernt, sondern auch viel erlebt.

Polnisch hat mich besonders interessiert, da ich in der deutsch-polnischen Grenzregion wohne. Bautzen liegt etwa eine halbe Stunde Autofahrt von der polnischen Grenze entfernt. Gern möchte ich mich mit gebürtigen Polen in ihrer Landessprache unterhalten. Zudem engagiere ich mich ehrenamtlich in der Sportjugend des Landkreises Bautzen. Dabei bin ich verantwortlich für die internationale Jugendarbeit und die Kooperation mit Ząbkowice Śląskie und Boleslawiec.

Die polnische Sprache

Begonnen habe ich mit dem Erlernen der Sprache im letzten Jahr in der Volkshochschule Bautzen. Allerdings findet der Unterricht nur einmal in der Woche statt, sodass wenig aktiver Sprachaustausch möglich ist. Es ist viel eigenes Engagement gefragt, um an der Sprache dranzubleiben. Als ich mir im vergangenen Jahr überlegt habe, wohin es in meinen Sommerurlaub gehen soll, dachte ich zunächst an einen Ausflug nach Großbritannien. Doch dann schoss mir der Gedanke in den Sinn: Wie wäre es mit einem zweiwöchigen Sprachkurs in Polen?

Abenteuer Krakau

Nach ein paar netten Gesprächen mit Polen, die seit einigen Jahren in Bautzen leben und einer intensiven Internetrecherche fiel meine Entscheidung auf Krakau. Nachdem ich auf zahlreichen Webseiten im Netz gestöbert habe, fand ich die Varia-Sprachschule besonders ansprechend.

Der Anreisetag

Vier Monate später stand ich dann in Krakau. Die Anreise war unkompliziert! Dank Polskibus konnte ich für sehr wenig Geld (15 zl, umgerechnet etwa 3,50 EUR) reisen. Mit Rucksack auf dem Rücken kam ich im Wohnheim an. Vor Ort empfingen mich eine Frau und ein Mann. Nachdem ich beide mit meinem kleinen Wortschatz auf Polnisch begrüßt hatte, antworteten sie mir auf Deutsch. Der Mann lebte zahlreiche Jahre an der Nordseeküste in Deutschland und arbeitete dort als Hausmeister. Nachdem mir meine Unterkunft gezeigt wurde, übergab ich ihnen ganz traditionell unsere Spezialität aus der Region: den Bautz´ner Senf.

Neugierig auf die Stadt erkundete ich direkt am ersten Tag Krakau. In der Altstadt fand an diesem Tag die Abschlussveranstaltung eines Musikfestivals statt. So verweilte ich einige Zeit dort und probierte das polnische Bier – na zdrowie!

Beim Wochenmarkt in der Krakauer Altstadt. © Tim Döke
Beim Wochenmarkt in der Krakauer Altstadt. © Tim Döke


Straßenbahn fahren

Dadurch, dass die anderen Teilnehmer und ich einen sehr kurzen Weg zur Sprachschule hatten und das Wetter toll war, nutzten wir die Straßenbahn in der ersten Woche gar nicht. Als wir an einem Tag der zweiten Woche zu einem Treffen mit der Straßenbahn fuhren, suchten wir vergebens den Fahrkartenautomat. Der Stadtführer unserer City-Tour sagte uns, dass wir grundsätzlich in der Straßenbahn die Tickets kaufen könnten. Leider war dies eine der alten Strabas, in denen es meist Fahrkartenautomaten nur im ersten Wagon gibt. Als wir den Wagon verlassen wollten, um in einem der anderen Wagons zu schauen, verschlossen sich die Türen. Zu unserem Pech befanden sich zwei Kontrolleure in unserer Tram. Sie fragten uns nach den Tickets. Da wir keine hatten, versuchten wir uns zu verständigen und zu vermitteln, dass wir keine Tickets kaufen konnten. Alles half nichts und so sollte jeder von uns 120 PLN (umgerechnet ca. 30 Euro) zahlen. Nach einigen Diskussionen und Kompromissen konnten wir die Kontrolleure überreden, nur für drei Personen 120 PLN zahlen mussten. Somit sind wir noch ganz gut davon gekommen. Bei den strengen Kontrolleuren wäre sowas in Deutschland nicht möglich gewesen!

Tim in den Bergen von Zakopane. © Polina Lurie
Tim in den Bergen von Zakopane. © Polina Lurie

Ausflug in die Berge

Am ersten Wochenende fuhren wir in die polnischen Tatra-Berge. Unser Bus startete um 7.30 Uhr vom Hauptbahnhof Krakau. Nach etwa drei Stunden, etlichen Staus, einem knurrenden Magen und außerplanmäßigen Stopps kamen wir in Zakopane an. Neben der tollen Luft und den vielen netten Wanderleuten fand ich die unberührte Natur toll. Es tat sehr gut, der Großstadt zu entfliehen und die Seele baumeln zu lassen.

Der Sprachkurs

Ich kann jedem, der nicht jeden Tag nur am Stand liegen möchte empfehlen einen Sprachkurs im Urlaub zu machen – egal in welchem Land. Zum einen hat ein Sprachurlauber einen halbwegs geregelten Tagesablauf, lernt die Sprache in dem jeweiligen Land und kann sich damit auch in den alltäglichen Situationen ausprobieren.  Zum anderen lernt er viele Dinge über die Kultur. Unser Sprachunterricht begann täglich gegen 9.45 Uhr und endete um 13 Uhr. Dazwischen lag eine Pause. Zumeist bestand im Anschluss die Möglichkeit, am Kulturprogramm teilzunehmen. Dieses wurde im Voraus von der Schule organisiert. Ich persönlich denke, dass diese Mischung aus Sprach- und Kulturunterricht ideal ist. In den zwei Wochen habe ich viel gelernt, da ich vor Ort in dem Land war und das Leben in Polen nicht mit räumlicher Distanz aus Deutschland betrachtet habe. Die Sprachschule hat mir gefallen. Junge LehrerInnen sowie eine gute Organisation im Vorfeld. Ich musste mich um nichts kümmern: Die Unterkunft, Kulturprogramm und ein intensiver Unterricht waren vorbereitet. Im Grundkurs wurden wir von zwei Lehrern unterrichtet. Sie vermittelten uns die Grundkenntnisse der polnischen Sprache. Angefangen von den Zahlen über Hobbys bis hin zur Grammatik. Alle Themen haben mir Spaß gemacht und wurden gut vermittelt. Nach Ablauf der zwei Wochen stand am letzten Donnerstag ein Sprachtest an. Wir waren zuvor  sehr aufgeregt. Mein Freund Sergej aus Riga lernte bis 3 Uhr nachts. Meine Augen fielen kurz vor 1.00 Uhr zu.  Nachdem der Test geschrieben war und wir am darauffolgenden Tag die Ergebnisse erhielten, waren alle sehr erleichtert und zufrieden. Ich bestand den Test mit 71 von 80 Punkten.

Studentenpartys

Natürlich durfte bei unserem Besuch in Polen eine klassische Studentenparty nicht fehlen! Also sind wir in einem der bekanntesten Clubs von Krakau gewesen – dem Club Afera. Nachdem wir angekommen waren und das erste Bier für unschlagbare 75 Cent erhielten, füllte sich der Club nach und nach. Es war ein schöner Abend, was aber nicht nur an den günstigen Getränken lag. Die polnische Feierkultur ist eine ganz andere als die der Deutschen. Hier kann jeder ausgelassen feiern und das ist toll!

Der „polnische Döner“

An einem der Tage probierten wir einen polnischen Döner. Wer denkt, dass dieser genauso schmeckt wie der Döner in Deutschland, täuscht sich. Komplett anders, weniger Inhalt – günstiger Preis. Auch bemerkenswert war die Preisbildung. Nimmt man zwei Soßen zahlt man mehr für den Döner. Zudem wurde das Fleisch zuvor abgewogen. Mir hat die polnische Version des Döners nicht geschmeckt!

Die Heimreise

Als die zwei Wochen zu Ende waren, trat ich Samstag meine Heimreise nach Deutschland an. Da ich keine direkte Mitfahrgelegenheit gefunden habe, fuhr ich mit dem Fernbus nach Breslau, um von da aus mit einem Auto nach Bautzen zu reisen. Im Fernbus saß ich neben zwei Damen mittleren Alters. Eine der beiden erzählte, dass sie in Krakau lebt und zu ihren Bekannten nach Breslau fahrt. Die andere kam aus unserer Partnerstadt Jelenia Gora. Zu Beginn unterhielt ich mich auf Englisch mit der netten Dame aus Krakau. Sie berichtete von Ihrer Arbeit, Ihrem Engagement und Ihrem Sohn, der in meinem Alter ist. Warum Sie mir das erzählte? Ich weiß es nicht. Sicherlich weil ich ihr mit meinen polnisch Grundkenntnissen sympathisch war. Nach dem Gespräch lauschte ich dem Gespräch der beiden Damen. Und siehe da: Ich verstand, um was es in dem Gespräch ging. Ein Erfolg, denn es war das erste richtige Gespräch, das ich auf Polnisch mitverfolgen konnte!

Die Rückfahrt nach Bautzen war relativ unspektakulär. Es gab noch sehr viele Eindrücke aus Krakau, die ich „verdauen“ konnte. Während der Fahrt in der Heimat sprach ich mit der Mitfahrgelegenheit darüber. Er selbst war Pole und arbeitet in Deutschland.

Die Sprachschule Varia. @ Tim Döke
Die Sprachschule Varia. @ Tim Döke

Fazit

Ich kann jedem empfehlen, selbst einmal für ein paar Tage oder gar längere Zeit nach Polen zu reisen. Polen hat viel zu bieten und ist längst kein rückständiges Land, wie viele behaupten. In einigen Punkten können wir Deutschen uns eine Menge abschauen! Beispielsweise in der Gelassenheit und oftmals auch in der Flexibilität der Polen. Wir Deutschen neigen dazu, alles immer perfekt durchzuplanen. Oftmals lohnt es sich aber auch etwas flexibel zu sein. In meiner Zeit in Polen habe ich mich als „Ausländer“ stets wohlgefühlt und niemals ausgegrenzt. Einige Deutsche sollten vielleicht auch ein Stück weit mehr lernen, offen für andere Kulturen zu sein und nicht immer nur das Schlechte zu sehen.

Meine Pläne für die Zukunft sehen in Bezug auf Polen so aus, dass ich weiterhin die Sprache lernen möchte, sie vielleicht auch bald „perfekt“ sprechen kann. Weiterhin regelmäßig Freunde in Polen besuchen, die polnische Kultur (er)leben sowie offen für neue Menschen (und Mentalitäten) sein möchte.

Vielleicht sieht man sich bei einem der nächsten Polnischkurse?!

In diesem Sinne:

Do zobaczenia w Polsce!

Tim


 „Post aus …“

In der Rubrik „Post aus …“ berichten deutsche Studierende, Praktikanten und Freiwillige von ihren deutsch-polnischen Erlebnissen. Sie schreiben über Erfahrungen und Eindrücke. Gleichzeitig vergleichen sie Deutschland und Polen und beschreiben Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Nachbarländer.

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